In den 2000ern erfreuten sich MP3-Player großer Beliebtheit, aber als sich die Smartphones etablierten, besiegelte das ihr Ende – oder doch nicht?
Unterwegs Musik hören, egal, wo man sich befindet: Der Walkman von Sony, ein tragbares Abspielgerät für Kompaktkassetten, machte das ab 1979 möglich. Später folgten portable CD-Spieler und in den 1990ern begann die Entwicklung einer Alternative, die völlig ohne Datenträger auskommen sollte: der MP3-Player. 1998 veröffentlichte das südkoreanische Unternehmen SaeHan Information Systems mit dem MPMan F-10 den weltweit ersten tragbaren Audio-Player, auf dessen internem Flash-Speicher 32 Megabyte an MP3-Dateien abgespeichert werden konnten – eine Datenmenge, die aus heutiger Sicht lächerlich klein wirkt. In den USA verlangte SaeHan 299 US-Dollar dafür. Wer das Doppelte an Speicherplatz haben wollte, zahlte 459 US-Dollar.
In den frühen 2000ern traten MP3-Player einen regelrechten Siegeszug an. Sony produzierte eigene Geräte unter dem längst im Sprachgebrauch etablierten Markennamen Walkman. Große Mitbewerber waren Creative und Apple. 2001 kam die erste Generation des Apple iPods auf den Markt, die mit gleich mit fünf Gigabyte Speicher punkten konnte. Das Gerät entpuppte sich als voller Erfolg und zog fünf Nachfolgegenerationen nach sich sowie vier alternative Modelle, von denen es jeweils auch nochmal mehrere Generationen gab: den iPod Mini, iPod nano, iPod shuffle und iPod Touch. Letzterer erschien in dem Jahr, in dem das Ende der Erfolgsgeschichte des Konzepts MP3-Player besiegelt wurde.
Das Ende der MP3-Player…
Der iPod Touch wurde 2007 vorgestellt und veröffentlicht, war aber im Grunde nicht mehr als ein günstiges Nebenprodukt für diejenigen, denen die große Innovation von Apple, die gleichzeitig angekündigt wurde, zu teuer war: das iPhone. Es war die Geburtsstunde der Smartphones. Auf einmal gab es ein Mobiltelefon, das quasi ein Minicomputer mit Touchscreen war – und als vollwertiger MP3-Player diente. Ja, es war deutlich teurer als portable Musikabspielgeräte. In Deutschland zahlte man 399 Euro bei T-Mobile und band sich dabei noch an einen Zweijahresvertrag. Deswegen brachte Apple den iPod Touch auf den Markt, der quasi eine abgespeckte Alternative zum iPhone war: ein Gerät mit ähnlichem Äußeren, Touchscreen und WLAN-Unterstützung, aber ohne Telefonfunktion, ohne Kamera, ohne Bluetooth und mit einem kleineren Angebot an nutzbarer Software.
Das iPhone war ein voller Erfolg. Es wurde bereits 2007 zum Millionen-Seller und bildete nicht nur den Startpunkt einer bis heute sehr ertragreichen Produktsparte von Apple, die jedes Jahr eine neue Hardware-Generation hervorbringt, sondern auch andere Hersteller zogen nach. Spätestens seit den frühen 2010er-Jahren sind Smartphones die dominierende Mobiltelefonart. Dass man damit telefonieren und SMS schreiben kann, ist eigentlich zweitrangig. Smartphones sind Alleskönner: Man greift darüber auf soziale Medien zu, surft im Internet, schaut Videos, spielt Spiele, macht Fotos – und hört Musik. Smartphones sind der Grund, warum viele Leute heutzutage keine Fotokamera mehr haben, und sie haben die MP3-Player ersetzt.
Allerdings haben auch MP3s an Relevanz verloren. Vor über 20 Jahren war dieses Format für Audiodateien enorm praktisch, weil es sich durch geringen Speicherverbrauch ausgezeichnet hat und Datenträger damals nicht so viel Platz boten, wie es heute der Fall ist. Mittlerweile ist Speicherplatz größer und günstiger geworden. Zudem laden die meisten Menschen Musik gar nicht mehr herunter, sondern streamen sie direkt übers Internet. Das ist viel komfortabler und erlaubt den ständigen Zugriff auf endlos viele Songs. Die Zeiten, in denen man nur ein bestimmtes Kontingent an Giga- oder Megabyte zur Verfügung hatte, um Songs abspeichern zu können, sind längst vorbei.
… ist gar nicht eingetreten
Man könnte meinen, MP3-Player seien heute ähnlich wie VHS-Rekorder und 3D-Fernseher eine ausgestorbene Hardware. Doch sucht man im Internet danach, wird schnell ersichtlich, dass es die Geräte immer noch gibt – nicht nur auf dem Gebrauchtmarkt. Es werden auch im Jahr 2024 noch MP3-Player hergestellt. Apple hat die iPod-Touch-Produktion 2022 zwar eingestellt, Sony hingegen verkauft nach wie vor Walkmans. Davon abgesehen halten eher weniger bekannte Unternehmen diese Produktart am Leben. Oder haben Sie schon mal etwas von BMDSAE oder Surfans gehört?
Das Interessante: Die heutigen MP3-Player sind äußerst klassische Geräte. Sie haben einen internen Flash-Speicher, auf dem eine bestimmte Anzahl an Songs gespeichert werden kann. Wer mehr hören möchte, kann in der Regel noch eine zusätzliche SD-Karte einbauen. Außerdem ist standardmäßig der Empfang von FM-Radio möglich. Manch ein Gerät mag noch Zusatzfunktionen haben, zum Beispiel einen Schrittzähler oder die Option, Bilder abzuspeichern und sich auf dem Bildschirm anzeigen zu lassen. Was MP3-Playern jedoch fehlt, sind Online-Funktionen. Dass keine SIM-Karten eingesetzt werden können, um per Mobilfunknetz im Internet zu surfen, überrascht wenig. Dass heutige MP3-Player aber nicht einmal WLAN unterstützen und keine Streaming-Apps wie Spotify damit nutzbar sind (die ja auch eine Download-Funktion für Songs bieten), ist verblüffend.
Immerhin bieten heutige Geräte Bluetooth-Support. Kopfhörer lassen sich also nicht nur per jack cable anschließen, sondern auch kabellos mit dem Player verbinden. Außerdem haben moderne MP3-Player einen Akku, der per USB-Kabel aufgeladen wird. Sie müssen also nicht wie vor 20 Jahren ständig Batterien nachkaufen.
Mögliche Zielgruppen für MP3-Player
Es ist erstaunlich, dass sich MP3-Player trotz der Dominanz der Smartphones bis heute gehalten haben. Dementsprechend muss es also noch eine Zielgruppe dafür geben, wenn auch keine sonderlich große. Sicherlich gehören so manche Sportler dazu. Während des Trainings hören viele gern Musik, doch ein Smartphone in der Hosentasche ist dafür nicht optimal, weil es mit seiner Größe und seinem Gewicht während des Sports stört. MP3-Player sind kompakter und leichter und manche Modelle bieten sogar einen Laufclip, so dass man sie bequem an die Kleidung heften kann.
Vielleicht geben Eltern ihrem Kind auch lieber einen MP3-Player als ein Smartphone in die Hand, damit es während längerer Bus- oder Bahnfahrten zur Schule oder nach Hause Musik hören kann. Der begrenzte Funktionsumfang hat den Vorteil, dass nicht erst diverse Sicherheitseinstellungen vorgenommen werden müssen. Davon abgesehen möchten manche ihrem Nachwuchs ungern ein Smartphone schenken, wenn er noch nicht das Alter und die nötige Medienkompetenz dafür hat. Es gibt also durchaus gute Gründe, MP3-Player zu verwenden.