NETZWERKKABEL: WIE SICH EINE FALSCHE BEZEICHNUNG DURCHGESETZT HAT

Ist die Rede von Netzwerkkabeln, sind damit in der Regel Verbindungen mit RJ45-Steckern gemeint. Diese Bezeichnung ist eigentlich inkorrekt. Das scheint aber keine Rolle mehr zu spielen, wo sich alle auf den Namen geeinigt haben.

Netzwerkkabel finden sich heutzutage in so gut wie jedem Zuhause und Arbeitsumfeld. Sie bieten Zugriff aufs Internet, dessen Nutzung nicht durch ein Datenvolumen wie beim mobilen Surfen limitiert ist. Dementsprechend sollten viele bereits so ein Kabel in den Händen gehalten haben, das auch gerne als Ethernet-Verbindung bezeichnet wird. Ethernet ist ursprünglich nur einer von vielen Netzwerk-Standards, heute aber praktisch der Oberbegriff für jegliche Technik, die mit kabelgebundenen Datennetzen zu tun hat. Zu erkennen sind Netzwerkkabel an ihren modularen, achtpoligen RJ45-Steckern. Hier kommt aber schon der Haken: Eigentlich sind es gar keine RJ45-Stecker.

Die Geburt des Westernsteckers

RJ steht für "Registered Jack" (eingetragene Steckverbindung). Es gibt eine ganze Reihe an Steckverbindungen, deren Bezeichnung eine Kombination aus dieser Buchstabenfolge und zwei Ziffern ist. Sie alle sind im 68. Teil des Code of Federal Regulations (CFR) genormt, einer Sammlung aller in den USA dauerhaft geltenden Verordnungen und Vorschriften, und in sämtlichen Fällen handelt es sich um Stecker für Telekommunikationskabel. Die ersten RJ-Steckverbindungen stammen aus den 1970er Jahren und wurden von Bell Laboratories, der ehemaligen Forschungsabteilung des Telekommunikationskonzerns AT&T, entwickelt. Viele andere Unternehmen der Branche nutzten die Steckverbindungen, weswegen sie zum Standard wurden und sich die Bezeichnung "Westernstecker" durchsetzte.

Technische Korrektheit? Spielt doch keine Rolle!

RJ45 steht für einen spezifischen Steckertyp, der nichts mit lokalen Netzwerken zu tun hat. Die Kabel, mit denen Sie beispielsweise Ihren Computer, Fernseher oder Ihre Spielkonsole mit dem Router verbinden, haben eigentlich 8P8C-Stecker (wegen der acht Pole), die anderen CFR-Normen entsprechen. Da die Komponenten jener Steckverbindungen mit denen von RJ45-Steckern identisch sind, hat sich RJ45 dennoch als Bezeichnung für 8P8C-Stecker, die in Computernetzwerken zum Einsatz kommen, durchgesetzt. Dabei gibt es schon rein optisch einen klaren Unterschied: Die echten RJ45-Stecker verfügen über einen Schlüssel (eine kleine Ausbuchtung an der Seite), der den 8P8C-Steckverbindungen fehlt.

Obwohl es also aus technischer Sicht nicht korrekt ist, 8P8C-Stecker als RJ45-Stecker zu bezeichnen, wird es dennoch so gehandhabt. Irgendwann hat jemand damit angefangen, andere haben es nachgemacht und so hat sich der falsche Begriff etabliert. Es macht auch keinen Unterschied, um welche Leistungsklasse es geht. Egal ob CAT5-, CAT6-, CAT7- oder CAT8-Netzwerkkabel – immer ist von RJ45 die Rede. Es scheint, als hätte sich die Telekommunikationsbranche darauf geeinigt, die Stecker von Ethernet-Kabeln so zu nennen. Da stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch als falsch zu bezeichnen ist, wenn jahrzehntelang Konsens darüber herrscht, dass A gleich B ist und in Vergessenheit gerät, dass dem ursprünglich nicht so ist. Wird eine eigentlich falsche Aussage dann nicht zu einer neuen Wahrheit?

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